Für 2014 hatte ich mir vorgenommen, mich in ganz unterschiedliche Richtungen auszuprobieren. Ich habe einen DaWanda-Shop eröffnet, Produkte genäht, fotografiert und eingestellt, meine erste Nähanleitung veröffentlicht, zuvor ein großes Probenähen veranstaltet und parallel regelmäßig Blogposts geschrieben. Was mir in meinem Erfahrungsschatz aber unbedingt noch fehlte, war ein Markt.
Ich war unheimlich neugierig darauf, wie das so ist, einmal als Verkäuferin hinter dem Tisch zu stehen, die eigenen Nähwerke zu präsentieren und die unmittelbare Reaktion von Kunden zu erleben. Deshalb musste ich nicht lange überlegen, als meine Freundin Nadine bei mir anklopfte und fragte, ob wir nicht zu zweit einen Stand auf dem Weihnachtsmarkt in Biblis-Nordheim machen wollen.
Nadine näht hobbymäßig in ihrer Freizeit – durch ihren kleinen Sohn vor allem Kindersachen. Sie hat ein tolles Händchen für’s Dekorieren und unseren Stand ganz alleine früh am Morgen so wunderschön aufgebaut! Nicht dass ihr denkt, ich hätte was damit zu tun gehabt. Während ich noch am Frankfurter Kreuz auf die streikende Steffi (unser Navi) einredete und leicht schwitzend den Weg zur A5 suchte, hat sie schon die Tische dekoriert, Körbe und Weinkisten aufgestellt, Korkenzieher-Äste mit genähten Sternen aufgehängt und mit ganz viel Liebe und Herzblut alles ansprechend und hübsch gemacht. Als ich in Biblis eintraf, musste ich nur noch meine Sachen dazulegen und zwei mitgebrachte Lampen aufstellen.
Ein bisschen Sorge hatte ich ja, dass ich zu wenig für den Markt produziert haben könnte, aber Nadine war in den letzten Monaten so fleißig, dass wir gar nicht alles unterbringen konnten. Es heißt immer, dass Kleinigkeiten zwischen 5 und 15 Euro auf dem Weihnachtsmarkt gut gehen. Die Leute haben kein großes Geld dabei, sondern wollen nur was „Kleines“ mitnehmen. Also habe ich vor allem kleine Täschchen, Mäppchen, Utensilos und Schlüsselanhänger genäht. Ein paar Einkaufstaschen und Kosmetiktaschen hatte ich noch dabei. Insgesamt 70 Einzelstücke. Nadine hat weihnachtliche Sterne und Herzen, Teelichthüllen, Windeltaschen, Knistertücher, Stifterollen, Spielbälle, Stoffmemorys, Kühlpacktäschchen und Pixibuchhüllen genäht.
Wollt ihr nun wissen, wie viel ich verkauft habe? Fünf Artikel!!! Einnahmen: 51,50 Euro! … Minus 5 Euro Standgebühr! … Minus Fahrtkosten für 200 Kilometer! … Minus Materialkosten!… Ach lassen wir das! Klar bin ich enttäuscht, aber ich nehme das mit Humor und stelle jetzt deswegen nicht alles in Frage, denn ich glaube, dass an dem Tag viele Faktoren eine Rolle gespielt haben.
Die anderen Standbetreiber haben auch wenig verkauft und schon eine Stunde vor Schluss frustriert ihr Zeug wieder eingepackt – von den Bratwurstbuden und Glühweinständen mal abgesehen. Die haben natürlich ihr Geschäft gemacht. Das Bratwurst-Brötchen war aber auch lecker! … Wir waren also nicht die einzigen, bei denen es nicht gut lief.
Ich denke, die Nordheimer gehen auf ihren kleinen Weihnachtsmarkt, um zu trinken, zu essen und gesellig zusammen zu sein. Die Stände mit Schmuck, Holzarbeiten oder Nähwerken werden interessiert angeschaut, die Auslagen für „sehr schön“ befunden, aber gekauft wird halt doch nichts. „Vielleicht wärt ihr auf einem Künstler- und Hobbymarkt besser aufgehoben“, haben wir am Sonntag häufig gehört. Ja, da ist was dran. Auf einem Künstlermarkt wird dem Handgemachten sicher ein anderer Wert zugeschrieben, das Publikum ist aufgeschlossener und eher bereit, das Geld dafür auszugeben
Ich habe so wenig verkauft, dass ich eigentlich gar keine Rückschlüsse ziehen kann, was gut geht und was ich beim nächsten Mal lieber nicht mehr nähe. Aber ein paar Beobachtungen habe ich doch gemacht. Sie sind nicht repräsentativ, sondern eher ein Stimmungsbild.
(1) Meine Preise schienen im Großen und Ganzen in Ordnung gewesen zu sein. Nur einmal habe ich mitbekommen, dass etwas zurückgelegt wurde, weil die Dame es zu teuer fand. Ich habe ja schon fiese Geschichten von Kunden gehört, die am Preis mäkeln und offen sagen, dass die Oma das Gleiche für umsonst näht, aber die Weihnachtsmarktbesucher am Sonntag waren sehr höflich und freundlich. Von solchen Frechheiten sind wir zum Glück verschont geblieben.
(2) Meine Kundschaft ist weiblich und im Schnitt 25 bis 30 Jahre alt. Bunte Kosmetiktaschen und Mäppchen sprechen vor allem junge Frauen an – Schülerinnen, Studentinnen, junge Mütter und kleine Mädchen mit Zahnlücken.
(3) Das Gros der Weihnachtsmarktbesucher war 50 plus. Frauen dieser Generation fanden meine Sachen oftmals „schön“, aber sie konnten sie nicht gebrauchen. Meine bunten Stoffe entsprachen nicht ihrem Geschmack. Sie fanden sie wohl zu poppig und zu kindlich. In der Stadt hätte das bestimmt auch wieder anders ausgesehen. Nordheim ist ein kleiner Ort auf dem Land.
(4) Wer nicht selbst näht und Stoffe einkauft, erkennt teure Designerstoffe nicht. Ich hatte den Eindruck, dass die Leute keinen Unterschied gemacht haben zwischen einem Riley Blake für 13 Euro/Meter und einem Dekostoff von Tedox für 4 Euro/Meter. Sollte ich in Zukunft auf die teuren Schätzchen verzichten und lieber billigere Stoffe vernähen?
(5) Man muss den Besuchern Ideen geben, was sie mit den Sachen anfangen können. Bei Windeltaschen, Knistertüchern und Spielbällen erschließt sich der funktionelle Sinn auf Anhieb, aber bei kleinen Tetraedertäschchen und Himbeerkamel-Mäppchen musste ich oft Anregungen geben, wofür man sie benutzen könnte.
Zum Schluss möchte ich Danke sagen: an Nadine, die alles so toll gemanagt und vorbereitet hat, an meine Schwiegereltern, die mich auf dem Weihnachtsmarkt besucht und mich durch den Kauf eines Stoffkörbchens unterstützt haben ♥, an meinen Mann, der mir so wunderbar bei meinen Vorbereitungen geholfen hat, an die Instagram-Freunde, die mich mit ihren guten Wünschen sehr motiviert und hinterher getröstet haben – Ihr seid so lieb! ♥ – und auch an Janine von JOs Creativ, deren Tipps rund um deine Marktplanung eine große Hilfe waren.