Erst vor kurzem wurde mir wieder diese Frage gestellt. Ich höre sie wirklich sehr oft: Wo kaufst du deine Stoffe? Weil ich das nicht kurz und knapp beantworten kann, habe ich mir gedacht, ich schreibe mal einen längeren Blogartikel darüber. Daraus sind nun sogar zwei Artikel geworden, und dieser hier ist der erste.
In diesem 1. Teil erzähle ich dir, was für ein Stofftyp ich bin und wie ich so ticke. Du erfährst, warum ich Stoffmärkte mittlerweile total uninteressant finde und welche Handarbeitsmesse mein absoluter Favorit ist. Im 2. Teil empfehle und verlinke ich Shops, in denen ich gerne Stoffe einkaufe. Außerdem berichte ich von meinen Erfahrungen mit dem Bestellen von Stoffen in Amerika.

Welcher Stofftyp bist du?
Nähst du viel Kinderkleidung und kaufst deshalb vor allem Jersey? Nähst du gerne Taschen aus Kunstleder oder Oilskin? Oder suchst du hochwertige Patchworkstoffe? Bei mir ist die Frage schnell beantwortet. Ich gehöre zur letzten Gruppe. Ich liebe Patchworkstoffe. Deshalb bevorzuge ich Shops, die darauf einen Schwerpunkt haben. Qualität ist mir sehr wichtig. Lieber kaufe ich weniger, dafür aber hochwertigen Stoff, der mir lange Freude macht. Zu geschätzt 95 % kaufe ich Patchworkstoffe. Deshalb kann ich auch nur auf dem Feld Empfehlungen geben.
Jägerin und Sammlerin
Ich würde behaupten, ich habe nicht viele Laster. Ich rauche nicht, ich trinke nicht und mache mir nichts aus Kleiderbergen, einem übervollen Schuhschrank oder Technikspielzeug. Das neueste iPhone? Brauche ich nicht, wenn mein Altes doch noch funktioniert. Aber es gibt etwas, auf das ich nur schwer verzichten kann und für das ich Geld ausgebe. Du ahnst es schon. Es sind Stoffe und Nähzubehör. Ich muss zugeben, gerade in den vergangenen Corona-Monaten ist es mir schwer gefallen, immer diszipliniert zu sein und Nein zu sagen.

Auswahl an Stoffen von Heather Ross (links) und Bonnie & Camille (rechts).
Aber was soll ich auch machen, wenn Heather Ross eine neue Stoffserie herausbringt? Wenn ich eine komplette Minki-Kim-Kollektion in einem deutschen Etsy-Shop entdecke? Oder wenn ich bei Instagram zufällig Werbung für Stoffe sehe, die haargenau in mein Beuteschema passen? Hin und wieder werfe ich meine guten Vorsätze („use what you have“) über den Haufen und werde schwach. Als Erklärung für meine Sammelleidenschaft kann ich vorbringen: Ich mache Patchwork! (Stell dir an dieser Stelle mal bitte einen schulterzuckenden Smiley vor. Oder den mit dem Heiligenschein.)
Patchwork – Auf dem Weg zum perfekten Stash
Patchwork lebt von der Zusammenstellung vieler verschiedener Stoffe. Patchworker:innen haben eine ganz besondere Leidenschaft dafür. Fast schon wie Kunstliebhaber. Sie träumen von Farben, Mustern und Designs und kaufen ganz gezielt Stoffe, um ihre Sammlung zu ergänzen, zu formen und aufzubauen. Der Wunsch von vielen ist, irgendwann den „perfekten Stash“ zu haben – ein Stoffvorrat, der den eigenen Stil ausdrückt und mit dem sich alle Wunschprojekte realisieren lassen. Sie sind Nerds auf ihrem Gebiet. Sie kennen jeden Stoff beim Namen und können dir stundenlang darüber erzählen. Na, erkennst du dich in dieser Typ-Beschreibung wieder? Also ich schon ein bisschen.

Japanische Stoffe „Sevenberry“ und Mini Charm Pack „Howdy“ (links). Mischung aus Stoffen von Sarah Jane und Minki Kim (rechts).
Vielfalt statt große Mengen
Meistens kaufe ich nur kleine Stoffmengen, z. B. einen Fat Quarter oder 30 cm vom Ballen. Ein Fat Quarter ist ungefähr 45 x 55 cm groß. Ich setze auf Vielfalt, denn ich mag scrappy Nähprojekte, bei denen viele verschiedene Stoffstücke zusammengenäht werden. Manchmal kaufe ich mehrere oder alle Stoffe aus einer Kollektion.
Als Nähanfängerin war mir nicht klar, dass Patchworkstoffe meist als Kollektionen herausgebracht werden. Das bedeutet, eine Designerin oder ein Designer entwirft beispielsweise 21 verschiedene Stoffe, die alle perfekt aufeinander abgestimmt sind. Viele kleine Nähgeschäfte haben natürlich nicht die Kapazität, 21 Stoffe einer einzigen Serie als Ballen anzuschaffen und auszulegen. Deshalb treffen sie eine Auswahl oder bieten sogar nur 1-2 Stoffe aus einer Kollektion an.
Eine schöne Alternative sind Precuts. Das sind vorgeschnittene Stoffstücke, die als Paket angeboten werden – mittlerweile auch in vielen deutschen Nähgeschäften. Je nachdem, wie groß die Stoffstücke sind, hat man dann zwar keine großen Mengen, kommt aber auf diese Weise zu einer ganzen Kollektion. Ich habe in der Vergangenheit ein paar Mal Fat Quarter Bündel in Amerika bestellt, mache das aber aus Prinzip nicht mehr. Ich kaufe nur, was ich in Deutschland bekomme. Zu den Gründen erzähle ich im zweiten Blogartikel mehr.

Ein Stapel Bella Solids in Lieblingsfarben (links). Bunt zusammengewürfelte Stoffauswahl für mein Maker-Körbchen (rechts).
Mein Beuteschema
Wenn ich durch meine Lieblingsshops stöbere, halte ich Ausschau nach Stoffen in einem bestimmten Stil. Ich mag leichte, sommerliche Farben, Grüntöne, Rot, Rosa und Pink, Honiggelb, Mint, Türkis und Braun, aber auch eine Kombination aus Blaugrün und Dunkelblau. Schön finde ich auch Stoffe, die ein bisschen vintage-pastellig sind. Mich springen Motive wie Blumen, Pflanzen, Früchte, Tiere, Kinderbuch-Szenen und Fahrräder an. Ich mag aber auch Schriftstoffe und grafische Muster. Was du bei mir kaum finden wirst: Dunkle, schwere Farben wie Senf, Ocker und Olive oder grelle Neontöne. Dafür viel fröhliches Bunt.
Lieblingsdesignern folgen
Meistens stöbere ich aber nicht, sondern weiß schon ganz genau, was ich suche. Zum Beispiel weil ich auf Instagram gesehen habe, dass eine Lieblingsdesignerin eine neue Kollektion herausgebracht hat. Ich verfolge sehr aufmerksam, welche Neuheiten auf den Markt kommen und mach mich dann auf die Suche, wenn mich etwas interessiert. Zu meinen liebsten Stoffdesignerinnen gehören Lori Holt und Heather Ross. Toll finde ich auch viele Designs von Sarah Jane, April Rosenthal und Kate Spain, Nadra Ridgeway, Sedef Imer, Minki Kim, Bonnie & Camille, Heidi Staples, Tasha Noel, Bethan Janine und Jennifer Orkin Lewis aka August Wren. Du findest sie alle auf Instagram. Sie arbeiten mit Stoffmarken wie Riley Blake Designs, Moda, Windham Fabrics, Michael Miller, Dashwood Studio und Dear Stella zusammen.

Ein paar Lieblingsstoffe (links) und ein Herringbone-Kissen aus Lori Holts Kollektion „Farm Girl Vintage 2“ (rechts).
Support your local dealer, wenn’s geht.
Ich nähe seit acht Jahren, und genauso lange kaufe ich Stoffe. Schon immer habe ich hauptsächlich online bestellt, weil mir das Angebot im nächstgelegenen Nähgeschäft zu klein ist und nicht unbedingt immer meinem Geschmack entspricht. Ich habe ziemlich genaue Vorstellungen von den Stoffen, die ich suche. Ab und zu fahre ich trotzdem in dieses Geschäft, lass meinen Blick über die Stoffballen streifen und finde fast immer ein bis zwei Stoffe, die mich anlachen. Es gibt nichts Schöneres als Stoffe live und in Farbe sehen und anfassen zu können. Deshalb gehe ich auch gerne auf Messen.
Stoffmarkt in Frankfurt
Als Nähanfängerin habe ich den Stoffmarkt-Terminen entgegengefiebert. Ich habe es geliebt, einmal im Jahr samstags mit dem Zug nach Frankfurt zu fahren und dort auf dem Stoffmarkt Holland zu stöbern. In den ersten Jahren habe ich auch vereinzelt ein paar schöne Patchworkstoffe gefunden, aber irgendwann haben Kinder-Jerseys, beschichtete Baumwolle und Billig-Webware komplett die Oberhand gewonnen, und es wurde uninteressant für mich. Ich war schon eine Weile nicht mehr dort und kann nicht sagen, wie es jetzt ist. Du kannst jedenfalls davon ausgehen, dass kein Stoff, den du hier in meinem Blog siehst, auf dem Stoffmarkt gekauft wurde. Nichtsdestotrotz ist der Stoffmarkt ein tolles Event. Das kann man sich auf jeden Fall mal anschauen.

Foto von meinem ersten Besuch auf dem Stoffmarkt in Frankfurt/Main, 2013.
Kreativwelt Frankfurt
Jedes Jahr freue ich mich auf die Kreativwelt Frankfurt. Das ist eine Messe, die sich nicht nur den Handarbeiten widmet, sondern zu einem erheblichen Teil auch Bastelthemen. Ehrlich gesagt freue ich mich hauptsächlich deshalb, weil ich mich dort mit der lieben Sewing Tini treffe. Wir schlendern über die Messe und quasseln den ganzen Tag ohne Punkt und Komma. Leider hat die Qualität der Kreativwelt für mich sehr stark nachgelassen. Ich habe den Eindruck, immer weniger Patchworkläden und lokale Nähgeschäfte mieten dort einen Stand. Vielleicht weil es zu teuer ist? Schade, dass die Messe 2020 corona-bedingt ausfällt. Tini und ich wären sicher wieder hingegangen – nicht um viel zu kaufen, sondern um zu staunen, was es alles gibt, und um einen schönen, lustigen Tag zusammen zu verbringen.
Nadelwelt in Karlsruhe
Meine Lieblingsmesse ist unangefochten die Nadelwelt in Karlsruhe. Dafür nehme ich auch die etwas weitere Anreise mit Bus und Bahn in Kauf. Die Handarbeitsmesse, die jedes Jahr im Frühling stattfindet, ist ein Mekka für Patchworker:innen und Quilter:innen. Hier lohnt es sich wirklich, ein dickes Portemonnaie mitzunehmen. Wenig Dehnbares, dafür viele Patchworkstoffe und hochwertiges Nähzubehör. Genau nach meinem Geschmack. Dass die Messe 2020 wegen Corona abgesagt werden musste, war für mich und die ganze instagoesnadelwelt-Truppe sehr schade. Hoffentlich können wir uns 2021 wieder alle dort treffen und dem zweitschönsten Hobby nach dem Nähen frönen: dem Stöbern nach tollen Stoffen.

Stoffe, die ich 2017 (links) und 2019 (rechts) auf der Nadelwelt gekauft habe. Auf der Messe habe ich einige schöne Stoffläden kennen gelernt, bei denen ich jetzt gerne auch online bestelle.
In Teil 2: Meine liebsten Online-Shops
Ich hoffe, dieser Blogartikel hat dir gefallen und ich konnte schon ein paar Fragen beantworten oder Anregungen geben. In welchen Shops ich gerne einkaufe, verrate ich dann im 2. Teil dieser kleinen Blogserie. Darin erfährst du auch, was du beachten musst, wenn du Stoff in den USA bestellst.
Tipps | Wo ich meine Stoffe kaufe – Teil 2
Ich würde mich sehr freuen, wenn du mir einen Kommentar dalässt und mir erzählst, ob du auch ein Stoffnerd bist. Bei welchen Farben, Designs und Kollektionen wirst du schwach? Oder kaufst du immer projektorientiert und sammelst keine Stoffe?
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