Der Oktober war der Monat der Angstgegner, bei mir auch kleidungstechnisch. Ich hab mir endlich mal den Kultschnitt von schneidernmeistern, die Else vorgeknöpft und kann jetzt aus eigener Erfahrung berichten, was dran ist am „Mythos Else“.
Aber vorher muss ich erst mal erzählen, warum ich immer so einen Respekt davor hatte. Für mich war lange gar nicht so richtig fassbar, wie die Else überhaupt aussieht. Kleid oder Pulli, mit Kapuze, Stehkragen oder U-Boot-Ausschnitt, eng oder weit, feminin- elegant oder sportlich- leger – Die Else kann irgendwie alles sein, zwischen manchen Elsen liegen Welten, und doch ist die Basis immer der gleiche Schnitt. Faszinierend, aber auch „Uaaaah“.
Beim Blick auf das riesige Schnittmuster-Plakat war mir klar: Das könnte ein klassisches Subway-Dilemma werden: Viele Bausteine, viele Möglichkeiten, tausend kleine Entscheidungen, und am Ende ein belegtes Brötchen, das nicht mal der Hund futtern würde. Für so was bin ich eigentlich nicht gemacht.
Aber wer eine Elsenschwester werden möchte, wirft natürlich nicht so schnell das Handtuch, sondern recherchiert erst mal einen Abend lang bei Instagram, holt sich Anregungen bei Tatiana @tillit.ta, Katharina @der_rabe_im_schlamm und Johy @johys_bunte_welt und ist dann so verliebt in ihre schönen Elsen, dass sie‘s unbedingt wissen will.
Irgendwann hatte ich ein Bild meiner Else vor Augen: Ein gemütlicher Herbstpulli mit der Kapuze „Fling on hoodie“. Die Wahl fiel auf den leichten Sweat „Magic Wood“ von Cherry Picking. Der Stoff ist superschön und hat eine tolle Qualität, aber mein Herz hängt nicht so sehr daran, weil es nicht 100 % meine Farben sind. Leider habe ich das erst gemerkt, als die Online-Bestellung da war. Hätte ich also mit Magic Wood Lehrgeld zahlen müssen, wäre das kein so großes Drama gewesen.
Denn dass meine erste Else gleich ein Knaller werden würde, damit habe ich nicht gerechnet. Normalerweise muss ich immer erst ein bisschen experimentieren und ein paar Anpassungen vornehmen. Ein bisschen einfacher ist es dadurch geworden, dass ich mit dem Kimono Tee und der Joana zwei Schnitte gefunden habe, die mir sehr gut passen und die ich nun immer zum Vergleich heranziehen kann. Ich hatte also keine großen Erwartungen an meine erste Else… und wurde dann KOMPLETT überrascht.
Schon bei meiner ersten Anprobe mit geklammerten Seiten habe ich gemerkt, wie gut der Pulli sitzt. Figurbetont und körpernah, aber nicht zu eng. Was mir allerdings ziemlich eng erschien, waren die Ärmel. Die habe ich dann später auch nur mit 0,5 cm Nahtzugabe zusammengenäht statt mit 1 cm. Monika gibt ja im E-Book den Tipp, bei dickeren Stoffen eine Nummer größer zu wählen. Ich dachte, ich probiere es trotzdem in 42, denn das Schnittmuster hatte ich schon zusammengeklebt und 44 hätte ich noch mal extra kaufen und ausdrucken müssen.
Das Ergebnis ist ein Hoodie, der sehr gut passt und in dem ich mich superwohl fühle. Die Ärmel sind eng, aber nicht so, dass es unangenehm wäre. Durch die Bewegung und Körperwärme dehnen sie sich auch noch etwas. Trotzdem frage ich mich, ob ich nicht doch noch mal mal die 44 ausprobieren sollte – besonders, weil mir die liebe Tina @tinarosano auch dazu geraten hat.
Mit dem Schnittmuster bin ich diesmal anders umgegangen als sonst. Für gewöhnlich zeichne ich die Nahtzugabe direkt auf dem Papier mit Bleistift an und schneide dann aus. Da die Schnittteile bei der Else aber zu nah beieinanderliegen, kam das nicht in Frage. Vom Abpausen bin ich gar kein Fan, also blieb nur: Schnittteile direkt ausschneiden und die Nahtzugabe auf dem Stoff mit dem Markierstift zeichnen. Dabei habe ich eine Entdeckung gemacht.
Bestimmt bin ich nicht der erste Mensch, der darauf kommt. Viel wahrscheinlicher ist, dass es jeder so macht und ich Dussel erst jetzt kapiert habe, wie praktisch das Ding dafür ist. Ich spreche vom Nahtmaß, mit dem man sehr schnell und genau 1 cm Nahtzugabe anzeichnen kann. Einfach am Papierschnitt entlangführen und alle paar Zentimeter einen Strich machen. Anschließend die Striche zu einer Linie verbinden oder einfach so ausschneiden. Auch an Rundungen klappt das super.
An dieser Stelle ein dickes Dankeschön an die liebe SewingTini, die mir den kleinen Nähhelfer bei unserem Treffen am Titisee geschenkt hat. Wenn ich mich richtig erinnere, hat sie ihn auf dem Stoffmarkt gekauft. Du kannst ihn in Metallausführung für ca. 3 Euro auch bei Stoff & Stil bestellen.
So, wie lautet jetzt also mein Resümee zur Else? – Ich bin begeistert! Ich mag den Schnitt total gerne und finde, er steht mir. Nachdem ich vor kurzem das interessante Stilberatungsvideo bei EllePuls gesehen habe, weiß ich jetzt auch, dass ich eine X-Figur habe: Schultern und Hüfte etwa gleich breit, Schultern sogar eher noch ein Tick breiter, und in der Mitte eine Taille – fällt jetzt bei dem dicken Sweatstoff nicht ganz so auf… Im Grunde also ganz ähnlich wie bei der Kandidatin Bianca im Video. Wir sind beide großen Frauen, und deshalb steht uns die lange Kleidversion der Else, denke ich.
Unfassbar, aber wahr: Ich habe keine Änderungen am Schnitt vorgenommen. Die Ärmel habe ich mit 0, 5 cm statt 1 cm Nahtzugabe genäht, aber das war’s auch schon. Die Länge ist ein Mittelding zwischen Shirt und Kleid. Wenn du das Schnittmuster vor dir liegen hast, siehst du die eingezeichnete Tasche. 10 cm unter dieser Tasche habe ich das Schnittmuster geknickt und das als Länge genommen.
Nun träume ich von den nächsten Elsen. Bei meinem letzten Stoffmarktbesuch habe ich mir einen wunderschönen, dunkelblauen Jacquard gekauft, der ein tolles Elsenkleid mit U-Boot-Ausschnitt abgeben würde. Auf den Fotos sind die Ärmel noch nicht gesäumt, auch unten der Saum ist noch offen… Das goldene Oktoberwetter musste einfach ausgenutzt werden, für einen Spaziergang in der Abendsonne und ein paar Fotos – Saum hin oder her. Mittlerweile ist sie aber fertig und wird sehr gerne getragen.
Und du, bist du auch im Elsenfieber? Welche Else steht dir besonders gut?
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