Jippie, in drei Tagen ist es endlich so weit: Nadra lüftet das gut gehütete Geheimnis und veröffentlicht das Tutorial zum lang ersehnten Februar-Block. Viele Teilnehmer unseres Quilt-Alongs 6 Köpfe – 12 Blöcke kauen ja schon seit Mitte Januar Nägel und wippen nervös mit den Füßen. Für alle, die es kaum noch aushalten können, organisieren wir diese Countdown-Blogtour mit vielen fundierten Beiträgen und Tipps zum Patchworken. Alle Termine, Themen und Links findest du am Ende des Posts. Heute ist der vierte Tag der Blogtour, und ich bin mit dem Thema „Nahtzugaben bügeln“ an der Reihe. Los geht’s!
Soll ich Nahtzugaben auseinanderbügeln oder zur Seite?
Es ist ein heißes Eisen, das in Internetforen und Facebookgruppen leidenschaftlich diskutiert wird: Soll ich beim Patchwork die Nahtzugaben auseinanderbügeln oder zu einer Seite? Gerade als Anfänger wünscht man sich da eine klare, verlässliche Antwort. Welche Vorteile hat das Auseinanderbügeln? Gibt es Nachteile? Warum schwören viele auf das Bügeln in eine Richtung? Mit welcher Methode erhalte ich denn nun das beste und schönste Ergebnis?
Ich habe mich bei den Experten meines Vertrauens umgehört: Dorthe, Verena, Nadra, Andrea und Gesine. Die fünf sind meine Partnerinnen beim Quilt-Along 6 Köpfe – 12 Blöcke und durch die Bank weg sehr erfahrene Patchworkerinnen. Gemeinsam beleuchten wir Vor- und Nachteile beider Bügelmethoden, und am Ende verrate ich dir, wie ich es handhabe.
Worum geht’s eigentlich genau? Beim Patchwork werden kleine oder größere Stoffstücke aneinander genäht. Dabei entstehen unzählige Nahtzugaben, die gebügelt oder flachgedrückt werden müssen. Je kleinteiliger eine Patchworkarbeit, umso wichtiger ist es, nach jedem Nähschritt die Nahtzugaben zu glätten.
Dabei gibt es zwei Möglichkeiten:
(A) Auseinanderbügeln
(B) in eine Richtung bügeln
Bei der Methode B empfiehlt es sich, immer in Richtung des dunkleren Stoffs zu bügeln, damit die zweilagige Nahtzugabe nicht durch den helleren Stoff scheint. Wenn man nicht immer nach jedem Nähschritt aufstehen und zum Bügeleisen laufen möchte, kann man Nähte auch mit dem Fingernagel glattstreichen oder dafür einen Nahtausstreicher benutzen. Auf dem Foto benutze ich den Clover Finger Presser. Es geht aber auch ganz gut mit dem Ecken- und Kantenformer, den du vielleicht zuhause hast.
Auch beim Zusammennähen von Reihen und Blöcken gibt es die Möglichkeit, Nahtzugaben (A) auseinander oder (B) in eine Richtung zu bügeln. Die Rückseite sieht dann jeweils so aus:
Bei der Methode B sollten die Nahtzugaben optimalerweise abwechselnd nach rechts und links gebügelt werden, damit die Nähte schön flach werden. Denn das ist einer von insgesamt drei Punkten, die den meisten Patchworkern wichtig sind:
Das ist das Ziel. Aber welcher Weg ist nun der richtige? Viele Patchworker sagen, dass sie genauer nähen können, wenn sie die Nahtzugaben in eine Richtung bügeln. Dann können die Nähte ineinanderrasten (siehe Bild B). Das funktioniert auch beim Taschennähen sehr gut, wenn die Nahtzugaben sehr dick sind. Anderen Patchworkern fällt das exakte Nähen leichter, wenn sie auseinandergebügelte Nahtzugaben zusammenstecken können (siehe Bild A).
Schauen wir uns mal an, was die Experten von 6 Köpfe – 12 Blöcke dazu sagen. Wie handhaben sie es?
Dorthe {Lalala Patchwork}:
„Am liebsten bügele ich meine Nähte weitgehend auseinander, weil die Nähte dann flacher aussehen. Auch wenn ich helle und dunkle Stoffe miteinander kombiniere mache ich das so. Das Argument: man sieht die Nahtzugabe durch den hellen Stoff, zählt für mich nicht, denn es kommt ein helles Vlies dahinter und schon sieht man keinen Saum mehr durch. Auch bei besonders kleinteiligen Blöcken ist das Auseinanderbügeln eine praktische Sache, denn es treffen dann nicht so viele Nähte aufeinander und es kann dann nicht knubbelig und dick werden. Nähe ich nur Quadrate aneinander, dann bügele ich die Nähte zu einer Seite, und die nächste Reihe zur anderen Seite. Dann können die Nähte ineinander nesten, also einrasten. Ich kenne diese „Quiltpolizei“ sehr gut, die ignoriere ich gern, denn hier gibt es kein richtig oder falsch.“
Gesine {Allie & Me}:
„Ich bügele die Nahtzugaben gern und meistens auseinander. – Während des Nähens mit dem Finger und später dann brav mit dem Bügeleisen. Zum Einen liegen die Nähte dann schön flach und zum Anderen die Stoffe auf gleicher Höhe nebeneinander. Das mag ich. Zudem scheint kein dunkler Stoff durch einen Helleren und selbst bei einem weißen Uni (Kona Cotton) sieht man die Nahtzugaben später nicht. Ich muss auch nicht überlegen, in welche Richtung die Nahtzugaben gerade „gehören“ und das funktioniert für mich so sehr gut und völlig problemfrei. Die einzige Ausnahme mache ich bei Patchworkmustern, in deren Anleitung aufgrund vieler in einem Punkt zusammen laufender Nahtzugaben spezielle Angaben zum Bügeln der solchigen gegeben werden.“
Verena {einfach bunt}:
„Eigentlich bin ich leidenschaftlicher Verfechter der „Nahtzugaben in eine Richtung bügeln“ Methode. Warum? Ich finde, das ganze Quilttop fühlt sich stabiler an! Da ich gerne maschinengeführtes Quilten mache (gerade Linien) und Quilten im Schatten der Naht, würde ich bei auseinander gebügelten Nähten Gefahr laufen, die Fäden der Naht zu durchstechen. Bei Nahtzugaben in einer Richtung habe ich immer Stoff zwischen Quiltnaht und Vlies und nie eine Lücke. Außerdem finde ich es beim Zusammensetzen der Stoffstücke tausenmal leichter, sich treffende Ecken zu nähen, wenn die Nahtzugaben ineinander greifen können. Bei auseinander gebügelten Nähten muss ich viel mehr aufpassen und mehr stecken. Auch damit nicht diese kleine Lücke am Anfang der Naht klafft. ABER: Manchmal sind Blöcke so kompliziert zusammengesetzt, dass ich nicht auf Anhieb erkennen kann, wo sich die Nahtzugaben wie treffen müssen um ineinander zu greifen (beispielsweise bei aufwändigen Blöcken mit 60° Winkel). Da bügle ich die Nahtzugaben auch auseinander, damit ich nicht irgendwo einen ganz dicken Knubbel bekomme.“
Andrea {Quiltmanufaktur}:
„Ich bin bekennende „Nahtzugaben-Auseinander-Bügler“! Für mich zählt, dass die Nähte beim Auseinanderbügeln flacher werden. Wenn, wie bei Patchwork häufig vorkommend, mehrere Nähte an einem Punkt aufeinander treffen, dann wird das bei jeder anderen Methode ein riesen dicker Knubbel. Das mag noch durch das Volumenvlies beim späteren Quilt geschluckt werden. Sobald aber das Volumen durch mehrfaches Waschen aus dem Quilt raus ist, kommt der Knubbel dann deutlich raus – das stört mich! Natürlich bedeutet das auseinander bügeln einen erheblichen Mehraufwand und zudem ist es auch etwas komplizierter, die Nahtverläufe ordentlich abzupassen, aber das nehme ich gerne in Kauf.“
Nadra {ellis & higgs}:
„Beim Patchworken achte ich darauf, dass die Nahtzugabe zweier aneinandergenähter Stücke in die entgegengesetzte Richtung gebügelt sind, dann „schnappen“ sie ineinander, im englischen sagt man dazu „nesting seams“. Die Nähte liegen direkt aufeinander und können schön flach gebügelt werden. Bei ganz kleinen Teilen bügel ich die Nähte auseinander, das dauert zwar immer etwas länger, garantiert aber, dass die Nahtzugabe sich besser verteilt und das Stück an Ende schön flach ist. Ansonsten achte ich möglichst drauf, die Nahtzugabe zur dunkleren Stoffseite hin zu bügeln, dann scheint der dunkle Stoff nicht durch den hellen durch.“
Keine Einigkeit beim Thema Nahtzugaben
Wie du siehst, herrscht beim Thema „Nahtzugaben“ genauso wenig Einigkeit wie bei der Frage, ob man Stoffe vorwaschen sollte oder nicht. Für beide Methoden – auseinanderbügeln und in eine Richtung bügeln – gibt es gute Argumente. Gewohnheit, Geschmack und gewünschtes Endergebnis spielen dabei eine große Rolle. Der eine liebt das Auseinanderbügeln, der andere findet das viel zu fummelig und bügelt lieber in eine Richtung. Was der eine praktisch findet, ist dem anderen zu umständlich. Verfechter beider Methoden behaupten, mit ihrer Bügeltechnik ließen sich Nähte exakter treffen und am Ende sei der Quilt schöner, flacher und haltbarer. Wer wollte da entscheiden, wer recht hat?

Top mit Nahtzugaben, die abwechselnd zu einer Seite gebügelt wurden
Es gibt kein Richtig und Falsch.
Es müssen alle Gesichtspunkte projektabhängig berücksichtigt werden, und manchmal bringt auch die Kombination aus beiden Bügeltechniken das beste Ergebnis. Grundsätzlich bin ich auch eher eine Auseinanderbüglerin. Mir fällt es leichter, auseinandergebügelte Nähte exakt zu stecken und zu nähen. Vielleicht bin ich es auch vom Taschennähen her so gewöhnt. Ich kann sehr viel genauer arbeiten und finde es insgesamt unkomplizierter, weil ich mir keine Gedanken um einen „Bügelplan“ machen muss. Auch optisch gefällt mir ein Top mit auseinandergebügelten Nahtzugaben besser.
Beim Bügeln zur Seite gibt es einen „erhabenen Effekt“.
Auf dem Foto oben siehst du ein Top mit Nahtzugaben, die abwechselnd zu einer Seite gebügelt wurden. Die Quadrate, in deren Richtung gebügelt wurde, sind erhabener, weil die zweilagige Nahtzugabe darunter den Stoff hochdrückt. Am blauen Quadrat in der Mitte kannst du das gut erkennen. Diesen Effekt muss man mögen. Ich persönlich habe es lieber, wenn alle Quadrate auf gleicher Ebene liegen. Auch deshalb bevorzuge ich das Auseinanderbügeln. Wenn man diesen „3D-Effekt“ aber mag, kann man auch mit ihm spielen und ihm beim Quilten noch zusätzlich betonen.
Du willst deinen Quilt professionell quilten lassen?
Achtung: Manche Longarmquilter verlangen, dass alle Nahtzugaben eines Tops zur Seite gebügelt sind. Wenn du also eine King-Size-Decke nähst und schon ganz genau weißt, dass du sie zum Quilten in fremde Hände geben wirst, erkundige dich vorher beim Quilter, ob er bzw. sie eine der beiden Bügelmethoden bevorzugt. Beim Quilt, den wir hier bei 6 Köpfe – 12 Blöcke nähen, musst du dir darüber keine Gedanken machen. Der wird nicht so groß werden, und du wirst ihn gut zuhause mit deiner eigenen Nähmaschine quilten können.
Beispiel für eine Kombination von beiden Methoden
Wie gesagt: Manchmal ist eine Kombination aus beiden Bügelmethoden vorteilhaft. Bei diesem Probestück habe ich Dreiecke aneinandergenäht und festgestellt, dass ich ein wunderbar flaches Ergebnis bekomme, wenn ich die Nahtzugaben der Dreiecke zu einer Seite bügle und die Reihen auseinander. Sogar an dem Punkt, wo sich die drei dunklen Dreiecke treffen, entsteht kein dicker Knubbel.
Ich plädiere dafür, das ganze Thema nicht so schwarzweiß zu sehen und aufgeschlossen für beide Methoden zu bleiben. Beide haben ihre Vor- und Nachteile – je nachdem, um welches Projekt es sich handelt, was einem gefällt und worauf man Wert legt. Die Erfahrungen, Ansichten und Meinungen darüber sind so vielfältig, dass man fast ein Buch darüber schreiben könnte. Man kann eine Wissenschaft draus machen. Ich finde: Man muss aber auch nicht!
Am Ende zählt, was gut gelingt und gefällt.
Alle Themen der Countdown-Blogtour im Überblick:
Do, 26.1. bei Andrea {Quiltmanufaktur}: Patchworkstoffe – Qualitativ hochwertig?
Fr, 27.1. bei Nadra {ellis & higgs}: Präzision durch Sprühstärke
Sa, 28.1. bei Gesine {Allie & Me}: Block-Layout – von der Idee bis an die Nähmaschine
So, 29.1. bei Katharina {greenfietsen}: Nahtzugaben bügeln – Auseinander oder zu einer Seite?
Mo, 30.1. bei Verena {einfach bunt}: Half Square Triangles nähen
Di, 31.1. bei Dorthe {Lalala Patchwork}: Rolling Stone – Finale
Mi, 1.2. bei Nadra {ellis & higgs}: Der Februar-Block